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07.07.2025

Anfechtung der Vaterschaft durch leibliche Väter: Neue Regelungen geplant

Der Fall, dass der leibliche Vater eines Kindes die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für das Kind anfechten will, soll neuen Regelungen unterworfen werden. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat dazu einen Gesetzentwurf veröffentlicht. Mit diesem soll ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Anfechtungsrecht leiblicher Väter umgesetzt werden.

Das BVerfG hatte am 09.04.2024 entschieden, dass die Regelungen zur Vaterschaftsanfechtung teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz sind. Konkret ging es um § 1600 Absatz 2 und Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Danach kann der leibliche Vater eines Kindes die Vaterschaft eines anderen Mannes nicht anfechten, wenn zwischen dem Kind und dem anderen Mann eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Diese Regelung hält das BVerfG für unvereinbar mit dem Elterngrundrecht des leiblichen Vaters, das Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes garantiert. Dem Gesetzgeber gab das BVerfG bis zum 30.03.2026 Zeit, um eine Neuregelung zu schaffen.

Der Gesetzentwurf sieht mehrere Änderungen im Abstammungsrecht vor, um die Entscheidung des BVerfG umzusetzen. An grundlegenden Strukturentscheidungen des Abstammungsrechts soll sich hingegen nichts ändern. So soll das Zwei-Eltern-Prinzip beibehalten werden. Es soll auch keine Änderung an dem Grundsatz geben, dass rechtlicher Vater der Mann wird, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist oder der die Vaterschaft anerkennt.

Vorgesehen sind insbesondere folgende Änderungen:

Während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft eines Mannes soll künftig kein anderer Mann mehr die Vaterschaft für dieses Kind sogleich wirksam anerkennen können. Verhindert werden soll, dass es in bestimmten Fällen zu einem "Wettlauf um die Vaterschaft" kommt. Eine Ausnahme von der vorgeschlagenen "Anerkennungssperre" soll dann gelten, wenn der Mann, der die Vaterschaft anerkennt, seine leibliche Vaterschaft nachweist.

Die Regeln zur Anfechtung der Vaterschaft eines anderen Mannes durch den leiblichen Vater eines Kindes sollen überarbeitet werden. Die neuen Regeln sollen es Familiengerichte ermöglichen, den Grundrechten aller Beteiligten Rechnung zu tragen, wenn sie über Anfechtungsanträge leiblicher Väter entscheiden. Die neuen Regeln sollen maßgeblich an das Lebensalter des Kindes und an den Zeitpunkt der Anfechtungserklärung anknüpfen.

Erklärt der leibliche Vater die Anfechtung der Vaterschaft innerhalb der ersten sechs Lebensmonate des Kindes, soll seine Anfechtung künftig uneingeschränkt Erfolg haben können. Ein Ausschlussgrund der sozial-familiären Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater soll insoweit nicht gelten.

Erklärt der leibliche Vater die Anfechtung der Vaterschaft für ein minderjähriges Kind später als sechs Monate nach dessen Geburt, so soll die Anfechtung weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen sein, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Ausnahmen davon sind aber vorgesehen, wenn auch zwischen dem Kind und dem leiblichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht, eine solche zu einem früheren Zeitpunkt bestanden hat oder sich der leibliche Vater ernsthaft, aber erfolglos um eine solche Beziehung zum Kind bemüht hat. Auch in diesen Fällen aber kann der Fortbestand der bisherigen Vaterschaft aus Gründen des Kindeswohls geboten sein, sodass das Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters zurücktreten muss. Das wird vom Familiengericht unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten geprüft.

Ist das Kind bei der Anfechtung volljährig, soll es auf seinen Widerspruch ankommen. Ist die sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater weggefallen, die zuvor einer Anfechtung durch den leiblichen Vater entgegenstand, so soll der leibliche Vater künftig eine "zweite Chance" haben, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten.

Ergänzend sollen mehrere Regeln getroffen werden, die verhindern sollen, dass überhaupt die Notwendigkeit einer Vaterschaftsanfechtung durch den leiblichen Vater eintritt.

Der leibliche Vater soll die Vaterschaft künftig mit Zustimmung der Mutter des Kindes, des bisherigen rechtlichen Vaters und des Kindes anerkennen können, ohne dass zuvor ein Anfechtungsverfahren durchzuführen ist. Relevant sein wird dies laut BMJV insbesondere für Fälle, in denen die Mutter verheiratet, aber das Kind von einem anderen Mann gezeugt ist, und sich alle Beteiligten einig sind, dass der leibliche Vater auch der rechtliche Vater des Kindes werden soll.

Eine im Wege der Anerkennung begründete rechtliche Vaterschaft soll künftig nicht mehr durch den rechtlichen Vater angefochten werden können, wenn dieser im Zeitpunkt der Anerkennung wusste, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist. Für die Mutter, die der Anerkennung zugestimmt hat, soll Entsprechendes gelten. Durch diese Neuregelung sollen Vaterschaftsanerkennungen vorgebeugt werden, die nur zu dem Zweck erfolgen, eine Vaterschaft des leiblichen Vaters zu verhindern.

Eine Anerkennung der Vaterschaft für ein Kind, das das 14. Lebensjahr vollendet hat, soll künftig generell die Zustimmung des Kindes zur Anerkennung voraussetzen. So soll verhindert werden, dass einem jugendlichen Kind ohne sein Einverständnis ein Mann als rechtlicher Vater zugeordnet wird, der nicht sein leiblicher Vater ist.

Der Referentenentwurf wurde an die Länder und Verbände versandt und auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben Gelegenheit, bis zum 15.08.2025 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen veröffentlicht das BMJV auf seiner Internetseite.

Bundesjustizministerium, PM vom 04.07.2025