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26.05.2023

Auslistungsbegehren gegen Google: Teilweise erfolgreich

Suchmaschinenbetreiber müssen einem Auslistungsantrag nur dann stattgeben, wenn der Antragsteller hinreichend nachgewiesen hat, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) hervor.

Der Kläger ist für verschiedene Gesellschaften, die Finanzdienstleistungen anbieten, in verantwortlicher Position tätig oder an ihnen beteiligt. Die Klägerin war seine Lebensgefährtin und Prokuristin einer dieser Gesellschaften. Auf der Webseite eines US-amerikanischen Unternehmens, dessen Ziel es nach eigenen Angaben ist, "durch aktive Aufklärung und Transparenz nachhaltig zur Betrugsprävention in Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen", erschienen 2015 mehrere Artikel, die sich kritisch mit dem Anlagemodell einzelner dieser Gesellschaften auseinandersetzten. Einer dieser Artikel war mit Fotos der Kläger bebildert.

Über das Geschäftsmodell der Betreiberin der Webseite wurde seinerseits kritisch berichtet, unter anderem mit dem Vorwurf, sie versuche, Unternehmen zu erpressen, indem sie zunächst negative Berichte veröffentliche und danach anbiete, gegen ein so genanntes Schutzgeld die Berichte zu löschen beziehungsweise die negative Berichterstattung zu verhindern. Die Kläger machen geltend, ebenfalls erpresst worden zu sein. Sie begehren von der Beklagten als der Verantwortlichen für die Internetsuchmaschine "Google", es zu unterlassen, die genannten Artikel bei der Suche nach ihren Namen und den Namen verschiedener Gesellschaften in der Ergebnisliste nachzuweisen und die Fotos von ihnen als Vorschaubilder ("thumbnails") anzuzeigen. Die Beklagte hat erklärt, die Wahrheit der in den verlinkten Inhalten aufgestellten Behauptungen nicht beurteilen zu können.

Nachdem die Klage in den ersten beiden Instanzen erfolglos geblieben war, hat der BGH das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nach dem Urteil des EuGH vom 08.12.2022 (C-460/20, NJW 2023) hängt die Auslistung nicht davon ab, dass die Frage der Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts im Rahmen eines von dieser Person gegen den Inhalteanbieter eingelegten Rechtsbehelfs einer zumindest vorläufigen Klärung zugeführt worden ist.

Der Betreiber der Suchmaschine sei verpflichtet, einem Auslistungsantrag stattzugeben, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlege, die ihren Antrag zu stützen vermögen und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig seien oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig sei. Hinsichtlich der Vorschaubilder sei dem Informationswert dieser Fotos – unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann – Rechnung zu tragen.

Der BGH hat daraufhin die mündliche Verhandlung fortgesetzt. Die Revision war teilweise erfolgreich. Bezüglich der beanstandeten Verweise auf die genannten Artikel hat der BGH die klagabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Bei einem Artikel habe es bereits am notwendigen Bezug zu der Person des Klägers gefehlt. Hinsichtlich der beiden anderen Artikel hätten es die Kläger versäumt, gegenüber der Beklagten den ihnen obliegenden Nachweis zu führen, dass die dort enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind.

Bezüglich der Vorschaubilder hatte die Revision der Kläger hingegen Erfolg und der BGH hat die Beklagte zur Auslistung der Vorschaubilder in der beanstandeten Form verpflichtet. Eine Anzeige der für sich genommen nicht aussagekräftigen Fotos der Kläger als Vorschaubilder ohne jeden Kontext sei nicht gerechtfertigt gewesen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.03.2023, VI ZR 476/18