30.12.2025
Ein Tier im Streichelgehege eines Tierparks verursacht einen Schaden. Nach Ansicht des Landgerichts (LG) Stralsund haftet der Tierpark hierfür nicht, sofern er alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat.
Geklagt hatte eine Krankenversicherung. Eine bei ihr versicherte Person besuchte den beklagten Tierpark und betrat dort das Streichelgehege. Dort wurde sie nach eigener Aussage von einem kleinen, aber sehr kräftigen Ziegenbock angegriffen, mit den Hörnern in die Kniekehlen gestoßen und umgerannt. Sie sei gestürzt und habe sich dabei das rechte Knie verletzt.
Die Versicherung meint, das entsprechende Tier habe nicht für den Streichelzoo ausgewählt werden dürfen. Die Tiere seien ausgehungert und aggressiv gewesen. Der Tierpark behauptet, dass die Ziegen stets gesättigt auf die Anlage gelassen würden. Einen entsprechenden Vorfall habe es bislang nicht gegeben. Er habe alles Erforderliche und Zumutbare getan, um die Sicherheit der Besucher des Streichelzoos zu gewährleisten. Auch habe die Versicherte das Gehege auf eigene Gefahr betreten.
Das LG hat die auf Schadensersatz gerichtete Klage der Versicherung abgewiesen. Ein Tierpark halte Ziegen zu Erwerbszwecken, also als Nutztiere. Daher hafte er für einen Personen- oder Sachschaden nicht, wenn er bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Die beklagte Partei habe alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Einen Pflichtverstoß habe sie ausreichend widerlegt.
Das Gericht ist zwar überzeugt, dass die Klägerin durch einen Zusammenstoß mit einer Ziege zu Schaden kam. Dies beruhe aber nicht auf einem Fehlverhalten des Tierparks. Dieser habe auf der Anlage eine in vielen Streichelgehegen geläufige Ziegenrasse eingesetzt.
Dass diese Rasse sowohl bei weiblichen als auch männlichen Tieren Hörner aufweist, führe im konkreten Fall nicht zu einer Haftung des Tierparks. Ob die Ziege die Geschädigte mit den Hörnern oder einem anderen Körperteil gestoßen habe, habe sich anhand der Aussagen der vernommenen Zeugen nicht klären lassen. Für den Schaden habe es daher keine Rolle gespielt, dass der Tierpark diese Rasse für ihr Streichelgehege auswählte.
Es habe sich auch nicht bestätigt, dass die Ziege besonders aggressiv gewesen sei. Übereinstimmend hätten die Zeugen von einem aufdringlichen Verhalten der Ziegen berichtet. Den Geschehensablauf selbst hätten sie indessen unterschiedlich geschildert. Das Gericht vermochte nicht festzustellen, ob es sich um einen gezielten Angriff einer Ziege handelte oder die Ziege sich schlicht mit der Herde durch das Gehege bewegte, als es zum Zusammenstoß kam. Dass es schon zuvor ähnliche Fälle auf der Anlage gegeben habe, habe die Klägerin nicht behauptet. Auch sei kein einzelnes aggressives Tier bekannt, vor dem hätte gewarnt oder das aus der Herde hätte entfernt werden müssen.
Auch ein ausgehungerter Zustand der Ziegen sei jedenfalls nicht ursächlich. Die Klägerin habe im Gegensatz zu anderen Personen innerhalb des Streichelgeheges kein Futter dabeigehabt. Aus den Zeugenaussagen ergebe sich, dass die Ziege im Anschluss auch nicht bei der Klägerin geblieben sei, um nach Futter zu suchen.
Jedem vernünftigen Besucher sei bewusst, dass ein Kontakt mit Tieren auch den Kontakt mit tierischem Verhalten einschließt, das spontan, willkürlich und zuweilen auch unerwartet sein und damit unter Umständen und in bestimmten Grenzen auch zu Gefahren für die Menschen im Gehege führen könne. Ob man diesen Kontakt wünsche, könne jeder Besucher nach seiner persönlichen Konstitution, Vorlieben und auch Tagesform frei entscheiden und andernfalls schlicht nicht das Gehege betreten. Sinn und Zweck sei es gerade, den Tieren in einem Streichelgehege nahe zu kommen. Dass eine der Ziegen einen "anrempelt", ob allein oder in der Gruppe, könne dabei durchaus vorkommen und sei eine Möglichkeit, auf die sich ein Besucher eines solchen Streicheltierzoos auch einstellen sollte. Ein derartiges Vorkommnis sei durch einen Tierpark auch bei aller Sorgfalt nicht zu verhindern.
Landgericht Stralsund, Urteil vom 23.12.2025, 2 O 77/25