17.12.2025
Auch wenn bereits ein Erbschein erteilt wurde, kann kein Europäisches Nachlasszeugnis erteilt werden, wenn ein anderer Beteiligte dagegen Einwände erhebt. Das stellt das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main klar.
Der Erblasser, ein deutscher Staatsbürger, verfügte über Immobilienvermögen in Polen. Er war verheiratet. Die vorverstorbene Ehefrau brachte einen vorverstorbenen Sohn und zwei Töchter mit in die Ehe ein. Die Eheleute hinterließen ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und die Kinder der Ehefrau als Schlusserben einsetzten. Nach dem Tod der Ehefrau errichtete der Erblasser ein weiteres Testament, mit dem er nunmehr eine der beiden Töchter zur Alleinerbin berief.
Diese hat ein Europäisches Nachlasszeugnis beantragt und im Verlauf des Verfahrens ebenfalls einen Erbschein. Beide Zeugnisse sollten sie als Alleinerbin ausweisen. Der beantragte Alleinerbschein wurde erteilt. Die andere Tochter hat die Einziehung des Erbscheins beantragt und sich gegen die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses mit dem Argument gewandt, der Erblasser sei bei Errichtung des zweiten Testaments nicht testierfähig gewesen.
Das Nachlassgericht hat aufgrund des erhobenen Einwandes den Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen. Im Fall der Erhebung von Einwänden sei das Nachlassgericht in erster Instanz gehindert, ein Europäisches Nachlasszeugnis zu erteilen. Über die Einziehung des Erbscheins ist bislang nicht entschieden worden.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die mit dem zweiten Testament als Alleinerbin eingesetzte Tochter Beschwerde eingelegt, jedoch ohne Erfolg. Das OLG bekräftigt, dass auch das Beschwerdegericht im Fall von Einwänden an der Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses jedenfalls dann gehindert sei, sofern sich der in Frage stehende Einwand – wie hier – nicht sogleich durch einfach und zügig zu erledigende Aufklärungsmaßnahmen ausräumen lasse. Hiervon sei nur dann eine Ausnahme zu machen, wenn über den Einwand bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Das sei trotz des bereits erteilten Erbscheins nicht der Fall. Denn dieser erwachse nur in formelle, nicht aber in materielle Rechtskraft – und könne zudem ja auch noch eingezogen werden.
Da ungeklärt sei, ob nicht nur das Nachlassgericht, sondern auch die Beschwerdeinstanz im Fall von Einwänden an der Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gehindert sei, hat das OLG die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.12.2025, 21 W 96/23, nicht rechtskräftig