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11.12.2025

Grundsteuer-Bundesmodell: Ist verfassungskonform

Die Vorschriften des Ertragswertverfahrens, die nach dem so genannten Bundesmodell in elf Ländern für die Bewertung von Wohnungseigentum als Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer ab dem 01.01.2025 herangezogen werden, sind verfassungskonform. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in drei Verfahren entschieden.

Geklagt hatten Wohnungseigentümer aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin.

Der BFH ist nicht davon überzeugt, dass die Vorschriften des Ertragswertverfahrens gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz – GG) verstoßen. Der Gesetzgeber habe ein Bewertungssystem geschaffen, das konzeptionell einer Verkehrswertorientierung folgt und darauf angelegt ist, im Durchschnitt aller zu bewertenden Objekte den "objektiviert-realen Grundstückswert" innerhalb eines Korridors des gemeinen Werts annäherungsweise zutreffend zu erfassen.

Die Maßgeblichkeit gesetzlich typisierter Bodenrichtwerten zur Bestimmung des Bodenwerts, die eine Abweichung von 30 Prozent nach oben oder nach unten zwischen dem Wert des zu bewertenden Grundstücks und dem für die jeweils einschlägige Bodenrichtwertzone als Durchschnittswert herangezogenen Bodenrichtwertgrundstück grundsätzlich erlaubt, verstoße nicht gegen eine realitäts- und relationsgerechte Bewertung, so der BFH. Die Bodenrichtwerte würden von den Gutachterausschüssen aus der Kaufpreissammlung und damit aus Marktdaten abgeleitet. Sie stellten durchschnittliche Lagewerte für den Grund und Boden in einer Bodenrichtwertzone als räumlich zusammenhängendem Gebiet dar und könnten nicht jedes der einzelnen dort belegenen Grundstücke individuell wertmäßig korrekt erfassen. Die bei einer typisierten Betrachtung zwangsläufig auftretenden Wertverzerrungen würden aber dadurch begrenzt, dass die Grundstücksmerkmale des Bodenrichtwertgrundstücks mit den vorherrschenden wertbeeinflussenden grund- und bodenbezogenen Merkmalen des zu bewertenden Grundstücks übereinstimmen müssten. Die gesetzliche Zulässigkeit der Typisierung hinsichtlich der Ermittlung von Bodenrichtwerten sieht der BGH nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Einzelfall berechtigte und gerichtlich überprüfbare Einwendungen gegen die Art und Weise der Ermittlung der Bodenrichtwerte durch die Gutachterausschüsse vorliegen können.

Ebenso wenig führten die für die Wertberechnung von Wohnungseigentum im Ertragswertverfahren heranzuziehenden pauschalierten Nettokaltmieten zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, fährt der BFH fort. Die aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts abgeleiteten Nettokaltmieten pro Quadratmeter Wohnfläche differenzierten zwar neben der Gebäudeart, dem Baujahr des Gebäudes und der Wohnfläche allein nach der Belegenheit der Wohnung in einem Bundesland und führten dadurch zu (immerhin) 45 möglichen unterschiedlichen Ansätzen für einen Mietzins; innerhalb des jeweiligen Bundeslandes finde eine weitere örtliche Differenzierung nur aufgrund von pauschalierten Zu- und Abschlägen anhand Mietniveaustufen statt, die auf der Eingruppierung für Zwecke des Wohngeldbezugs und somit einer für die öffentliche Hand plausibel ermittelten Berechnungsgrundlage beruhen. Da die Mietniveaustufen jeweils für eine gesamte Gemeinde/Stadt festgelegt werden, unterbleibe dort eine Differenzierung nach einzelnen Stadtteilen – auch in großen Metropolen, in denen erhebliche Mietzinsunterschiede bestehen können. Für Immobilien in guten Lagen komme es dadurch in der Regel zu einem Ansatz unterhalb der tatsächlich gezahlten oder erzielbaren Mieten, während der pauschalierte Ansatz für Immobilien in schlechteren Lagen häufig über dem tatsächlich erzielbaren/erzielten Mietzins liegt. Dies könne zu Ungleichbehandlungen führen, weil die in der Nettokaltmiete zum Ausdruck kommende Ertragskraft von Immobilien in guten Lagen nicht vollständig erfasst wird.

Diese möglichen Ungleichbehandlungen sind nach Auffassung des BFH jedoch durch das legitime Ziel eines weitgehend automatisierten Grundsteuervollzugs verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Dadurch vereinfacht der Gesetzgeber im Massenverfahren die Bewertung von rund 36 Millionen Grundstücken zu dem Zeitpunkt der Hauptfeststellung unabhängig davon, ob die Wohnung vermietet ist. Eine Lagedifferenzierung innerhalb einer Gemeinde werde zudem über die Bodenrichtwerte und die in ihnen zum Ausdruck kommende Standortwertigkeit der Grundstücke bewirkt. Dadurch sei jedenfalls gewährleistet, dass sich für dem Grunde nach ähnliche Grundstücke einer Gemeinde/Stadt in Bezug auf Gebäudeart, Wohnfläche und Baujahr gleichwohl lagebedingt unterschiedliche Grundsteuerwerte ergeben können. Zudem gebe es für Steuerpflichtige die Möglichkeit des Ansatzes eines niedrigeren gemeinen Werts als Grundsteuerwert, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der ermittelte Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert um mindestens 40 Prozent übersteigt.

Nach Auffassung des BFH hat der Gesetzgeber hinsichtlich des Ertragswertverfahrens seinen Spielraum bei der Abwägung der mit dem Bewertungskonzept verfolgten Ziele mit den damit notwendig verbundenen Ungleichheiten nicht überschritten. Insbesondere habe er dem Ziel, einen erneuten "Bewertungsstau" zu vermeiden, indem die künftigen periodischen Fortschreibungen automatisiert durchgeführt werden, eine hohe Bedeutung beimessen dürfen.

Die drei Entscheidungen sind auch für Wohnungseigentümer in den Ländern Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen von Bedeutung, da diese Länder ebenfalls das Bundesmodell verwenden.

Für Bürger in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben die aktuellen Entscheidungen laut BFH keine Konsequenzen, da diese Länder eigene Grundsteuermodelle verwenden.

Bundesfinanzhof, Urteile vom 10.12.2025, II R 25/24, II R 31/24 und II R 3/25