11.12.2025
Ein Fotograf muss das so genannte Text und Data Mining eines Vereins hinnehmen, das seine Fotografie betraf. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg entschieden und damit ein Urteil der Vorinstanz bestätigt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Nutzung einer Fotografie bei der Erstellung eines Datensatzes, der für das Training Künstlicher Intelligenz (KI) genutzt werden kann. Der Kläger ist Berufsfotograf; der Beklagte ein Verein, der ein so genanntes Dataset für Bild-Text-Paare öffentlich kostenfrei zur Verfügung stellt. Es handelt sich dabei um eine Art Tabellendokument, das Hyperlinks zu im Internet öffentlich abrufbaren Bildern beziehungsweise Bilddateien sowie weitere Informationen zu den entsprechenden Bildern enthält, darunter eine Bildbeschreibung. Mit diesem Datensatz können generative KI-Modelle trainiert werden.
Im Rahmen der Erstellung des Datensatzes lud der Beklagte eine vom Kläger erstellte Fotografie von der Webseite einer Bildagentur herunter, um einen Abgleich zwischen Bild und Bildbeschreibung vorzunehmen. Der Fotograf begehrt die Unterlassung der Vervielfältigung seiner Fotografie. Er sieht sich durch die hier vorgenommene Vervielfältigung in seinen durch das Urheberrechtsgesetz (UrhG) geschützten Rechten verletzt.
Der Unterlassungsantrag hatte weder in erster noch in zweiter Instanz Erfolg. Dem Fotografen stehe kein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch zu, entschied das OLG. Der beklagte Verein könne sich hinsichtlich der Nutzung der Fotografie auf die Schrankenregelungen für das so genannte Text und Data Mining aus § 44b UrhG berufen.
Text und Data Mining ist im Gesetz definiert als die "automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen". Da sich der Kläger zur Verwertung seiner Bilder einer Agentur bedient habe, müsse ein von dieser aufgestellter Nutzungsvorbehalt auch ihm als Rechtsinhaber zugerechnet werden. Der auf der Webseite der Bildagentur zum Zeitpunkt des Downloads der Fotografie vorhandene Nutzungsvorbehalt habe vorliegend aber nicht die gesetzlich vorgesehene Form (Maschinenlesbarkeit) aufgewiesen (§ 44b Absatz 3 S. 2 UrhG). Daher sei die streitgegenständliche Vervielfältigung zulässig gewesen.
Das Landgericht sei zudem im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Nutzung der Fotografie auch deswegen gerechtfertigt gewesen sei, weil sie für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erfolgt sei (Schrankenregelung des § 60d UrhG). In der Gesamtschau stelle bereits die Erstellung des Datensatzes ein methodisches, auf einen späteren Erkenntnisgewinn gerichtetes und nachprüfbares Vorgehen dar, das der angewandten Forschung zuzurechnen sei. Auch der Umstand, dass ebenso kommerzielle Anbieter den Datensatz nutzen könnten, führe zu keinem anderen Ergebnis: Insofern fehle es an einem bestimmenden Einfluss eines privaten Unternehmens auf die Forschungseinrichtung (§ 60d Absatz 2 S. 3 UrhG).
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zugelassen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.
Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 10.12.2025, 5 U 104/24, nicht rechtskräftig