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11.12.2025

Riester-Rente: Versicherer muss bei Anpassungen Symmetriegebot beachten

Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AGB) einer fondsgebundenen Rentenversicherung (so genannte Riester-Rente), die den Versicherer zu einer nachträglichen Herabsetzung der monatlichen Rente berechtigt, ohne ihn zugleich im Fall einer nachträglichen Verbesserung der Umstände zu deren Wiederheraufsetzung zu verpflichten, ist unwirksam. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Ein Versicherer bietet fondsgebundene Rentenversicherungen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (so genannte Riester-Renten) an. Aus den von den Versicherungsnehmern gezahlten Versicherungsprämien und den erzielten Überschüssen erwirbt er Kapitalanlagen (Fondsanteile), die er dem jeweiligen Versicherungsvertrag zuordnet. Die ab Rentenbeginn auszuzahlende Rente ermittelt sich anhand eines im Versicherungsschein genannten Rentenfaktors. Dieser basiert auf dem vom Versicherer zugrunde gelegten Rechnungszins und der von ihm angenommenen Lebenserwartung der Versicherten (so genannte Rechnungsgrundlagen) und gibt die Höhe der monatlichen Rente an, die für je 10.000 Euro Policenwert, dem Wert der auf den jeweiligen Versicherungsvertrag entfallenden Fondsanteile, gezahlt wird.

In seinen Verträgen zwischen Juni und November 2006 verwendete der Versicherer Verträge, die folgende AGB-Klausel enthielten: "Wenn aufgrund von Umständen, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren, die Lebenserwartung der Versicherten sich so stark erhöht oder die Rendite der Kapitalanlagen (siehe § 25 Absatz 1 e Satz 4) nicht nur vorübergehend so stark sinken sollte, dass die in Satz 1 genannten Rechnungsgrundlagen voraussichtlich nicht mehr ausreichen, um unsere Rentenzahlungen auf Dauer zu sichern, sind wir berechtigt, die monatliche Rente für je 10.000 Euro Policenwert so weit herabzusetzen, dass wir die Rentenzahlung bis zu Ihrem Tode garantieren können."

Unter Berufung auf diese Klausel hat der Versicherer den Rentenfaktor in den betroffenen Versicherungsverträgen in der Vergangenheit mehrfach herabgesetzt.

Gegen die Verwendung der (oder einer inhaltsgleichen) Klausel klagte ein Verbraucherverband, der die Versicherten unangemessen benachteiligt sieht.

Damit hatte der Verband Erfolg: Der BGH hält die beanstandete Klausel für unwirksam. Sie gewähre dem Versicherer durch die vorgesehene Herabsetzung des Rentenfaktors ein einseitiges Recht zur Neubestimmung der versprochenen Leistung. Die Vereinbarung der Änderung sei den Versicherungsnehmern nicht zumutbar, so der BGH.

In der fondsgebundenen Lebensversicherung könne ein Versicherer zwar angesichts der Langfristigkeit der abgeschlossenen Versicherungsverträge nach Vertragsschluss auftretende Störungen im Verhältnis von versprochener Versicherungsleistung zu den Kapitalerträgen, die aus der Versicherungsprämie am Markt zu erwirtschaften sind, nicht vermeiden. Unzumutbar sei das Anpassungsrecht aber, wenn der Versicherer – wie hier – nur zu einer Herabsetzung der versprochenen Leistung berechtigt und nicht zugleich im Fall einer nachträglichen Verbesserung der Umstände zu deren Wiederheraufsetzung verpflichtet ist. Der BGH verweist auf das so genannte Symmetriegebot. Es verpflichtet den Versicherer, der den Rentenfaktor aufgrund von Verschlechterungen der Umstände herabgesetzt hat, spätere Verbesserungen der Umstände in vergleichbarer Weise an die Versicherungsnehmer weiterzugeben.

Die Interessen der Versicherungsnehmer sieht der BGH auch nicht auf andere Weise in einem Umfang gewahrt, dass ein Recht auf Wiederheraufsetzung des Rentenfaktors in den Versicherungsbedingungen entbehrlich wäre. Zwar führe eine positive Entwicklung der Kapitalanlagen zu Überschüssen beim Versicherer, an denen die Versicherungsnehmer nach den Versicherungsbedingungen beteiligt würden. Es stehe aber nicht fest, dass diese Überschussbeteiligung einen ausreichenden Umfang erreicht. Denn die Überschüsse hingen von Unternehmenskennzahlen des Versicherers ab und dürften erst nach Abzug eines auf ihn entfallenden Anteils an die Versicherungsnehmer verteilt werden.

Keinen genügenden Ausgleich schafft laut BGH auch die in den Versicherungsbedingungen vorgesehene Möglichkeit der Versicherten, einmalige Zuzahlungen auf ihre Versicherungsprämien zu leisten oder dauerhaft eine erhöhte Prämie zu zahlen. Die Höhe dieser Zahlungen sei nach den Versicherungsbedingungen mit Blick auf die steuerliche Förderung der Versicherung beschränkt. Schließlich könne auch eine – in der Vergangenheit vom Versicherer im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Rentenfaktors stets abgegebene – Zusicherung gegenüber den Versicherungsnehmern, zu Rentenbeginn den Rentenfaktor bei verbesserten Umständen nach oben anzupassen, die Benachteiligung nicht ausgleichen. Die beanstandete Klausel sehe keine Verpflichtung des Versicherers zur Abgabe einer solchen Erklärung vor. Daher sei nicht sichergestellt, dass er sich auch bei zukünftigen Herabsetzungen des Rentenfaktors entsprechend erklären wird.

Aus diesen Gründen benachteilige das Fehlen einer Verpflichtung des beklagten Versicherers zur Wiederheraufsetzung des Rentenfaktors die Versicherungsnehmer auch unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben, stellt der BGH klar. Das mache die Klausel unwirksam.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.12.2025, IV ZR 34/25