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10.12.2025

Prämiensparverträge: BGH entscheidet erneut über Referenzzins für Zinsanpassungen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Rahmen von zwei Musterfeststellungsklagen erneut über den Referenzzins für Zinsanpassungen in Prämiensparverträgen entschieden – und die vom Oberlandesgericht (OLG) bestimmten Referenzzinsen bestätigt.

Der Musterkläger ist in beiden Verfahren ein Verbraucherschutzverband. Die beklagten Sparkassen schlossen seit den 1990er Jahren mit Verbrauchern so genannte Prämiensparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach – bis zu 50 Prozent ab dem 15. Sparjahr – gestaffelte verzinsliche Prämie vorsehen.

Der Musterkläger hält die Regelungen in den Sparverträgen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge von den Musterbeklagten vorgenommene Verzinsung für zu niedrig. Er begehrt mit seinen Musterfeststellungsklagen die Bestimmung eines Referenzzinses, der für die von den Musterbeklagten vorzunehmenden Zinsanpassungen maßgebend ist.

Das OLG hat in beiden Verfahren mit sachverständiger Hilfe festgestellt, dass die beiden Musterbeklagten jeweils verpflichtet sind, die Zinsanpassung bei den bis einschließlich September 1997 geschlossenen Sparverträgen auf der Grundlage der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zeitreihe für die Umlaufsrenditen von Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit und bei den ab Oktober 1997 geschlossenen Sparverträgen auf der Grundlage von nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen von endfälligen Bundesanleihen mit siebenjähriger Restlaufzeit (Kennung der Deutschen Bundesbank: BBSIS.M.I.ZST.ZI.EUR.S1311.B.A604. R07XX.R.A.A._Z._Z.A; ehemalige Zeitreihe WZ9820) vorzunehmen.

Der Musterkläger möchte mit seinen Revisionen jeweils erreichen, dass die Zinsanpassungen auf der Grundlage von anderen, für die Sparer vergleichsweise günstigeren Referenzzinsen vorgenommen werden.

Der BGH hat die Revisionen in beiden Verfahren zurückgewiesen. Er hat entschieden, dass die in den Prämiensparverträgen infolge der Unwirksamkeit der Zinsanpassungklauseln entstandene Regelungslücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist und die vom OLG bestimmten Referenzzinsen den Anforderungen genügen, die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind.

Diese Referenzzinsen würden von der Deutschen Bundesbank, einer unabhängigen Stelle, nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt sowie in deren Monatsberichten regelmäßig veröffentlicht. Sie begünstigten daher weder einseitig die Sparer noch die beklagten Sparkassen.

Die Umlaufsrenditen beziehungsweise die nach der Svensson-Methode ermittelten Renditen von Bundesanleihen spiegelten zudem die jeweils aktuellen risikolosen Zinsen am Kapitalmarkt wider und enthielten in Ermangelung eines Ausfallrisikos keinen Risikoaufschlag. Beide Referenzzinsen würden angesichts der Restlaufzeit von sieben Jahren unter Berücksichtigung der Ansparphase auch dem maßgebenden Anlagehorizont von 15 Jahren gerecht und seien als langfristig anzusehen. Bei der vom BGH angenommenen typischen Spardauer von 15 Jahren handele es sich nicht um eine durch den Sparvertrag vorgegebene feste Spardauer, sondern um das Auslegungsergebnis aufgrund einer objektiv-generalisierenden Sicht auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise. Dieses Ergebnis lässt laut BGH auch Laufzeiten des Referenzzinses von unter 15 Jahren zu.

Dass auch andere regelmäßig von der Deutschen Bundesbank veröffentlichte Renditen, Umlaufsrenditen oder Zinssätze den an einen Referenzzins für Prämiensparverträge zu stellenden Anforderungen genügen, führe nicht dazu, dass die vom OLG vorgenommene Bestimmung der Referenzzinsen rechtsfehlerhaft sei, fährt der BGH fort. Die Vornahme der ergänzenden Vertragsauslegung obliege in erster Linie dem OLG als Tatsachengericht. Sie unterliege zwar grundsätzlich der selbstständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch den BGH als Revisionsgericht. Bei der Bestimmung eines konkreten Referenzzinses handele es sich aber um eine tatsächliche Frage, die das OLG nur mit sachverständiger Hilfe beantworten könne. Der BGH überprüfe die vom OLG getroffene Bestimmung des Referenzzinses dementsprechend nur daraufhin, ob der Referenzzins den nach der BGH-Rechtsprechung an ihn zu stellenden Anforderungen genügt, ob sich das OLG bei der Bestimmung des Referenzzinses sachverständiger Hilfe bedient hat und ob es auf dieser Grundlage eine eigene nachvollziehbare und widerspruchsfreie Begründung für seine Bestimmung gegeben hat. Diesen Anforderungen genüge die hier vorgenommene Referenzzinsbestimmung.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 09.12.2025, XI ZR 64/24 und XI ZR 65/24