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09.12.2025

Esstische und Möbelsystem: Für Urheberrechtsschutz Originalität entscheidend

Der Schutz von Gebrauchsgegenständen durch das Urheberrecht unterliegt denselben Voraussetzungen wie der anderer Gegenstände. Das stellt der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar.

Zwei Möbelhersteller machen vor den schwedischen beziehungsweise den deutschen Gerichten geltend, dass zwei Möbelhändler ihr Urheberrecht an bestimmten Möbeln verletzt hätten.

Der schwedische Hersteller Galleri Mikael & Thomas Asplund sieht eine große Ähnlichkeit zwischen den von dem schwedischen Konzern Mio vertriebenen Esstischen und den von ihm hergestellten Tischen, die als Werke der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt seien.

Der schweizerische Hersteller USM wirft dem deutschen Onlinehändler konektra vor, er biete ein Möbelsystem an, das mit einem modularen Möbelsystem identisch sei, das er herstelle und als Werk der angewandten Kunst urheberrechtlich geschützt sei.

Das Berufungsgericht für Svealand und der deutsche Bundesgerichtshof haben dem Gerichtshof Fragen zu den Voraussetzungen gestellt, unter denen ein Gebrauchsgegenstand ein Werk der angewandten Kunst sein und damit urheberrechtlichen Schutz genießen kann.

Der EuGH erinnert daran, dass in bestimmten Fällen ein Gegenstand sowohl nach dem Geschmacksmusterrecht als auch im Sinne des Urheberrechts als Werk geschützt sein kann. Er stellt insoweit klar, dass kein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen diesen beiden unterschiedlichen Schutzarten besteht.

Was den Schutz als Werk im Sinne des Urheberrechts angeht, sei die Originalität der Gegenstände der angewandten Kunst anhand derselben Anforderungen zu beurteilen, die für die Prüfung der Originalität anderer Arten von Gegenständen herangezogen werden.

Ein Werk im Sinne des Urheberrechts sei ein Gegenstand, der die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie und kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt. Entscheidungen, die durch verschiedene, insbesondere technische Zwänge vorgegeben sind, gehörten nicht dazu. Dasselbe gilt laut EuGH für Entscheidungen, die zwar frei sind, aber keinen Ausdruck der Persönlichkeit des Urhebers dadurch darstellen, dass sie diesem Gegenstand einen einzigartigen Aspekt verleihen.

Die Absichten des Urhebers beim Schaffensprozess, seine Inspirationsquellen und die Verwendung des vorhandenen Formenschatzes, die Wahrscheinlichkeit einer unabhängigen ähnlichen Schöpfung oder die Anerkennung des Gegenstands in Fachkreisen könnten gegebenenfalls berücksichtigt werden. Sie seien jedoch für die Beurteilung der Originalität des Gegenstands weder erforderlich noch entscheidend.

Für die Feststellung einer Urheberrechtsverletzung muss laut EuGH ermittelt werden, ob kreative Elemente des geschützten Werks wiedererkennbar in den als verletzend beanstandeten Gegenstand übernommen worden sind. Der durch die beiden einander gegenüberstehenden Gegenstände erzeugte Gesamteindruck und die Gestaltungshöhe des Werks seien irrelevant. Die bloße Wahrscheinlichkeit einer ähnlichen Schöpfung könne keine Versagung des urheberrechtlichen Schutzes rechtfertigen.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 04.12.2025, C-580/23 und C-795/23