Zurück

17.10.2025

Altgesellen: Dürfen väterlichen Handwerksbetrieb übernehmen

In zwei Fällen hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz es zwei Altgesellen ermöglicht, ihre väterlichen Betriebe zu übernehmen. Es hat die Handwerkskammer dazu verpflichtet, den Söhnen Ausübungsberechtigungen zu erteilen. Damit dürfen sie – auch ohne Meister zu sein – die Betriebe in Zukunft leiten.

Die Männer arbeiteten jeweils seit 2004 als Gesellen in den väterlichen Familienbetrieben, einem Maler- und Lackiererbetrieb und einem Steinmetz- und Steinbildhauerbetrieb. Nach einigen Jahren übernahmen sie in enger Zusammenarbeit mit ihren Vätern auch die Arbeiten eines leitenden Angestellten.

Die Handwerkskammer lehnte die Erteilung von Ausübungsberechtigungen für die zulassungspflichtigen Handwerke ab. Die Betriebsleitung liege bei den Vätern, die als Handwerksmeister in die Handwerksrolle eingetragen sind. Angesichts der überschaubaren Betriebsgröße sei kein Raum für eine weitere Person in leitender Tätigkeit. Eine faktische Betriebsleitung durch einen Gesellen ohne Meisterprüfung könne als rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht anerkannt werden. Beide Gesellen hätten ausreichend Zeit gehabt, die Meisterprüfung abzulegen.

Das Verwaltungsgericht Koblenz blies in dasselbe Horn: Die Söhne hätten über Jahre hinweg die Handwerksbetriebe ihrer Väter in leitender Tätigkeit geführt. Diese hätten damit zusammen mit ihren Vätern jeweils Konstrukte praktiziert, die auf die Vermeidung des grundsätzlichen Erfordernisses eines meistergeführten Handwerksbetriebes ausgerichtet gewesen seien. Aus Rechtsgründen könne dies nicht als Tätigkeiten in leitender Stellung im Sinne von § 7b Absatz 1 Nr. 2 Satz 1 Handwerksordnung anerkannt werden.

Auf die jeweilige Berufung der Kläger änderte das OVG die Urteile ab und verpflichtete die Handwerkskammer, die Ausübungsberechtigungen für die Altgesellen zu erteilen.

Diese hätten in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) jeweils die Voraussetzungen für eine Ausübungsberechtigung nach § 7b der Handwerksordnung erfüllt. Insbesondere hätten sie in ihrem Handwerk bereits mehr als 20 Jahre gearbeitet und davon deutlich mehr als vier Jahre auch in leitender Stellung mit eigenverantwortlichen Entscheidungsbefugnissen. § 7b Absatz 1 der Handwerksordnung enthalte keine Vorgaben zur Betriebsgröße oder zur Betriebsform. Die für eine Ausübungsberechtigung erforderliche Berufserfahrung von mindestens vier Jahren in leitender Stellung könne daher auch in Klein- und Kleinstbetrieben erworben werden.

Die Gesellen hätten auch nicht handwerksrechtlich unzulässig die väterlichen Betriebe bereits übernommen. Die Betriebsleitung sei nämlich durch die Väter als Handwerksmeister tatsächlich noch ausgeübt worden. Aus der arbeitsteiligen Zusammenarbeit eines Handwerksmeisters mit einem Altgesellen könne nicht geschlossen werden, dass der Handwerksmeister keine eigene Betriebsleitung mehr ausübe, solange die unternehmerische und fachlich-technische Letztverantwortlichkeit bei ihm verbleibe. Dies sei in den Handwerksbetrieben jeweils der Fall gewesen.

Das OVG hat die Revision jeweils nicht zugelassen: Das BVerwG habe die maßgeblichen rechtlichen Fragen bereits geklärt. Gegen die Nichtzulassung der Revisionen kann Beschwerde eingelegt werden.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteile vom 07.10.2025, 6 A 10529/25.OVG und 6 A 10586/25.OVG